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Renate Schüler-Lamert wird am 28. Februar 1939 als erste von drei Töchtern in Niesky an der Oberlausitz geboren. Die Eltern sind der Kunstlehrer Felix Lamert, geboren 1906 in Glogau, und Ruth Steinke, geboren 1909 in Posen, die als Hauslehrerin an oberschlesischen Gütern unterrichtet. Felix Lamert studiert von 1926 bis 1931 Kunsterziehung an der Staatlichen Kunstschule in Berlin. 1932 wird er Mitglied in der SPD und lehnt nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 Aufforderungen ab, in die NSDAP einzutreten. Stattdessen tritt er 1934 in das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) ein, da eine Mitgliedschaft Personen, die dem Nationalsozialismus kritisch gegenüberstehen, die Möglichkeit bietet, eine engere Bindung an das Regime zu vermeiden. Doch 1937 wird das NSKK in die NSDAP überführt. Felix Lamert ist phasenweise arbeitslos, erhält wechselnde Anstellungen an Schulen in Glogau, Oppeln, Waldenburg, Neusalz und am Oberlyzeum in Görlitz. Die Familie zieht häufig um. Felix Lamert wird zum Kriegsdienst in Griechenland abberufen. 1944 wird er in Italien eingesetzt. Zwischen den Einsätzen erhält er immer wieder Freistellungen für den Schuldienst. 1942 wird Renates Schwester Gabriele in Teschen geboren. 1945 flieht die Mutter vor der Sowjetarmee mit den beiden Töchtern von Gleiwitz entlang der tschechischen Grenze nach Süddeutschland in die amerikanische Zone. Auf der Flucht wird Renates jüngste Schwester, Ulrike, in Gefrees im Fichtelgebirge geboren. Von einer Familie Greiner in Bischofgrün wird die Mutter mit ihren Töchtern aufgenommen. Der Vater befindet sich in englischer Kriegsgefangenschaft im Fatherstone Park Camp in Haltwhistle/Northumberland (P.O.W. Camp No. 18). Im September 1947 kann er nach Deutschland zurückkehren. Felix Lamert wird von der Militärregierung als Lehrer zugelassen. Er erhält eine Stelle als Zeichenlehrer am Dortmunder Stadtgymnasium, die Ende 1948 in ein feste Anstellung für das Fach Kunst umgewandelt wird. Kurz darauf kommt die Familie in Dortmund zusammen. In den Nachkriegsjahren besuchen Felix Lamert und Renate regelmäßig die ersten Kunstausstellungen, die im Ruhrgebiet ausgerichtet werden. 1954 erhält Renate Lamert mit ihrer Arbeit Zigeunerwagen den 1. Preis des Landes in der Wettbewerbsausstellung Europäischer Gymnasien, die ab dem 19. Oktober in den Hallen des neuen Dortmunder Stadthauses am Südwall ausgerichtet wird. 1956 lernt sie auf einem Zeichenkurs in Vlotho, der von der Stadt Dortmund für Schüler von verschiedenen Oberschulen veranstaltet wird, Peter Sorge kennen. Sorge, 1937 in Berlin geboren, ist Anfang der 1950er Jahre mit seiner Familie von Berlin nach Dortmund übergesiedelt. Lamert und Sorge verlieben sich und werden ein Paar. Sie interessieren sich für Jazzmusik und Malerei, besonders für den Maler Max Beckmann, besuchen zusammen Zeichenkurse und Seminare. Zu ihrem Freundeskreis gehören Irmin Schmidt, der 1968 die Band Can gründet, der Fotograf Erhard Wehrmann, die Familie der Fotografin Annelise Kretschmer, Hannelore Müller und Wolf Siebert, der von 1971 bis 2007 eine Buchhandlung in Herne führt.

Im Frühjahr 1959 macht Renate Lamert ihr Abitur in Lünen. Sie folgt Peter Sorge nach Berlin, der im Jahr zuvor ein Studium der Kunstpädagogik an der Hochschule für Bildende Künste in der Grunewaldstraße aufgenommen hat. Doch Renate Lamert trifft schwanger in Berlin ein. Sorge, gerade am Beginn seines Studiums, plädiert für Abtreibung. Der Eingriff, in diesen Jahren in Deutschland verboten, wird im Hinterhof der Praxis eines Schönheitschirurgen auf dem Kurfürstendamm vorgenommen. Aufgrund der Abtreibung erscheint Renate Lamert zum Studium nicht und muss die HfbK nach dem ersten Semester verlassen. Durch Kontakte ihres Vaters kann sie ihr Studium an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz fortsetzen. Die Beziehung zu Sorge zerbricht Ende 1960 nach einem letzten gemeinsamen Urlaub auf Fehmarn.

1961 lernt sie Gideon Schüler kennen, der aus Marburg an der Lahn stammt, und heiratet ihn im Jahr darauf. Die Hochzeit wird im März 1962 auf der Hohensyburg nahe Dortmund ausgerichtet. Schüler-Lamert bricht ihr Studium in Mainz ab und siedelt nach Gießen um, wo ihr Mann seit 1960 die Ricker´sche Universtätsbuchhandlung am Ludwigsplatz führt. 1963 wird der Sohn Jan geboren, 1964 die Tochter Saskia. In den folgenden Jahren widmet sich Schüler-Lamert der Erziehung ihrer Kinder und legt eine Malpause ein. 1969 eröffnet Gideon Schüler im Hinterhof der Grünberger Straße 16 die Galerie im Hof, die bis 1974 aktiv ist und Künstler wie Gerd Winner, Ernst Fuchs, Arnulf Rainer oder Peter Tuma zeigt. Peter Sorge wird 1971, zusammen mit seiner Frau Maina-Miriam Munsky, zu einer Ausstellung nach Gießen eingeladen, an der sich auch Dieter Asmus, Malte Sartorius und Klaus Staeck beteiligen. Unter dem Motto »Käfige« werden an die Besucher Vogelkäfige ausgeteilt, die während der Eröffnung über die Köpfe zu ziehen sind. 1971 nimmt Schüler-Lamert ihr Kunsterzieher-Studium an der Justus-Liebig-Universität in Gießen wieder auf. Ab 1975 unterrichtet sie die Fächer Kunst und Deutsch am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Alsfeld. Ebenso nimmt sie ab 1978 die künstlerische Arbeit wieder auf. Erste gegenständliche Bilder entstehen, die an den Stil der Kritischen Realisten West-Berlins angelehnt sind. Als Vorlagen für ihre Gemälde dienen Motive aus Illustrierten und Zeitschriften, von denen sich Schüler-Lamert ein umfangreiches Archiv zusammenstellt. Sie verwendet Fotografien aus dem Stern-Magazin von der Befreiung der Landshut-Maschine in Mogadischu für ihre Gemälde Schneewittchen (Heft 45 vom 27. Oktober 1977, S. 28/29) und Picknick (ebenda, S. 22/23 und 26/27). In das Gemälde Alla Danza Tedesca übernimmt sie die dokumentarische Aufnahme einer Judendeportation in Litauen aus der 1960 von Gerhard Schoenberner veröffentlichten Publikation Der gelbe Stern. Die Judenverfolgung in Europa 1933 bis 1945 (S. 25). Zusätzlich integriert sie in das Bild eine Aufnahme der Schauspielerin Katharina Thalbach aus der Günter Grass-Verfilmung Die Blechtrommel (1979). 1983 gründet Renate Schüler-Lamert mit den Malern und Bildhauern Alfred G. Fischer, Hanneliese Fischer, Bernd Ickes, Dieter Korzeniewsky und Leonore Vahrson-Freund die Künstlergruppe Cumulus. 1986 wird sie Mitglied im Oberhessischen Künstlerbund und im Wetzlarer Kunstverein.

Ende 1987 führt eine nicht erkannte Zyste im Gehirn zu Aufenthalten in psychiatrischen Anstalten. Erst acht Jahre später wird die Ursache der Persönlichkeitsveränderung entdeckt und entsprechend behandelt. Mitte der neunziger Jahre lernt Schüler-Lamert Joachim Frick aus Frankfurt am Main kennen. Sie trennt sich von Gideon Schüler und bezieht mit Frick 1998 eine gemeinsame Wohnung in der Gießener Innenstadt. Kurz vor ihrem sechzigsten Geburtstag wird Brustkrebs diagnostiziert. Die Erkrankung erweist sich als hartnäckig und bildet Metastasen im Körper. 2003 findet Schüler-Lamert ihren Lebensgefährten tot in der gemeinsamen Wohnung. Sie beginnt, ihre Erinnerungen niederzuschreiben, die 2005 im Selbstverlag in Dortmund gedruckt werden. Die Krebserkrankung schreitet weiter fort. Im Mai 2005 wird ihre Wohnung von den Kindern aufgelöst. Die Schwestern holen Schüler-Lamert zur Betreuung nach Dortmund. Am 2. Januar 2006 stirbt Renate Schüler-Lamert im Alter von sechsundsechzig Jahren in einem Dortmunder Hospiz an den Folgen ihrer Krebserkrankung. Beigesetzt wird sie auf dem Dortmunder Ostenfriedhof, der an die Calvinstraße angrenzt, wo ihre Familie seit dem Ende der 1940er Jahre lebte.

 

Ausstellungen

2013 Liebe! Tod! Revolution! Georg Büchner und kein Ende. Eine Ausstellung des Oberhessischen Künstlerbundes, Kongresshalle, Gießen (G)
2012 Heimspiel. Jan Schüler und Saskia Schüler, Kunsthalle, Gießen (G)
2002 Oberhessischer Künstlerbund, Kloster Arnsburg, Hessen (G)
2001 Oberhessischer Künstlerbund. Jahresausstellung, Thema: Paare, Kunsthalle Gießen (G)
2000 Oberhessischer Künstlerbund. 57. Jahresausstellung, Kunsthalle Gießen (G)
  Oberhessischer Künstlerbund, Stadthaus am Dom, Wetzlar (G)
  Oberhessischer Künstlerbund. Frühjahrsausstellung, Kloster Arnsburg, Hessen (G)
1999 4 x 39, Galerie Dietgard Wosimsky, Gießen (mit Gisela Denninghoff, Hella Nohl, Gisbert Pupp)
  Alt und Jung, Galerie Dietgard Wosimsky, Gießen (G)
1997 Oberhessischer Künstlerbund. Jahresausstellung, Thema: Begegnungen, Kunsthalle Gießen (G)
1994 Gruppe Cumulus: Bilder im Gespräch, Justus-Liebig-Universität, Gießen
1992 Kunst im Finanzamt. Fünf Künstlerinnen, Finanzamt, Gießen (G)
  Oberhessischer Künstlerbund Gießen, Kunststation Kleinsassen
1989 25 Jahre Wetzlarer Kunstverein e. V. 1964 – 1989, Kunstverein, Wetzlar (G)
1988 Kunst in der City, Schlüter, Gießen (E)
  Renate Schüler-Lamert und Gisela Denninghoff, Oberhessisches Museum, Gießen
1987 Renate Schüler-Lamert, Stadttheater, Hildesheim (E)
  Gruppe Cumulus, Galerie Remmele, Gießen (G)
  Ulla Kropat, Renate Schüler-Lamert, Frieder Siegler, Atelier Moering, Wiesbaden
  Büchner. Malerei – Grafik – Literatur, Produzenten Galerie 42, Gießen (G)
1986 Oberhessischer Künstlerbund. Jahresausstellung, Oberhessisches Museum, Gießen (G)
  Oberhessischer Künstlerbund, Kunstverein, Wetzlar (G)
1985 Das Hardthof-Fest, Galerie im Unteren Hardthof, Gießen (G)
  Renate Schüler-Lamert. Zeichnungen – Bilder, Galerie Remmele, Gießen (E)
  Renate Schüler-Lamert, Leonore Vahrson-Freund, Art-Treff Galerie, Westoverledingen-Ihren
  Gruppe Cumulus, Fachwerk-Galerie, Büdingen
  Gruppe Cumulus, Schloß Hungen
1984 Kunstverein, Wetzlar (G)
  Gruppe Cumulus. Malerei, Städtische Galerie Torhaus Rombergpark, Dortmund (G)
1983 Kunstverein, Wetzlar (G)
1986–2002 Teilnahme an den Frühjahrs- und Jahresausstellungen des Oberhessischen Künstlerbundes
Seit 1983 Beteiligungen an den Ausstellungen des Wetzlarer Kunstvereins
Seit 1983 Ausstellungen mit der Künstlergruppe Cumulus in Dortmund, Gießen, Wetzlar, Marburg und an anderen Orten
Anfang der 1960er Jahre Ausstellungsbeteiligungen in der Galerie Utermann, Dortmund